Mittwoch, 12. Februar 2020

Elfenbeinturm


Der "elfenbeinerne Turm" steht in schlechtem Ruf bei den Bewohnern intelektueller Kaschemmen. (Dávila)

Mein Unterfangen, die deutsche Romantik aus der Sicht Gómez Dávilas darzulegen, ist wahrlich ein spezielles! Wo es wenige sind, die sich für einen kolumbianischen Aphoristiker interessieren, werden es noch weniger sein, die dessen Meinung über eine Epoche des 19. Jahrhunderts lesen wollen. Ich schreibe über den Bruchteil eines Bruchteils. Dass eine solche Tätigkeit verpönt ist oder provozierend auf viele andere wirkt, hat mit Vorurteilen zu tun, die den Elfenbeinturm betreffen.
Ich für meinen Teil kann nur schwärmend von ihm berichten. Zwar maße ich mir nicht an, ein Bewohner desselben zu sein, doch ich habe ihn des öfteren betreten. (Das lässt mich sogar ein wenig stolz werden.) Wenn man auf die umliegenden Felder herabblickt, eröffnen sich vielsagende Einsichten.
Die Alternative zum Turm aus Elfenbein ist schlichtweg der Alltag. Wer in ihm gefangen noch Zeit und Energie findet, philosophisch zu werden, kann nur eine schlechte Meinung von Leuten haben, die sich fernab der alltäglichen Gedankenmühle um scheinbar sinnlose, geisterhafte Dinge sorgen.
Überhaupt ist es doch erstaunlich, wieso Weltabgewandtheit in der heutigen Zeit so abwegig, gar skandlös erscheint. Ist es nicht besser, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, als die Umtriebigkeit der heutigen Welt samt ihrem Zerstreuungspotenzial zu erhöhen?
Der Elfenbeinturm als Zuflucht und Ort der Sammlung und Konzentration - das ist es, worum es hier auch geht.

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