Freitag, 24. Januar 2020

Kontaktaufnahme


Das Hineinreichen der Romantik in unsere Zeit, ihre Ausläufer und feinen Verästelungen sind wertvoll und, wie aufgezeigt, schutzbedürftig für Dávila. Im Folgenden wird auch klar, wieso er den Romantikern einen solchen besonderen Stellenwert beimisst:

Alle werden wir ein bisschen bösartiger, wenn wir für eine gewisse Zeit den Kontakt zu den großen Dichtern der Romantik verlieren. (Dávila)

Sein Anliegen ist demnach, die Verbindung zur Geisteshaltung der Romantik nicht abreißen zu lassen. Obiger Aphorismus legt zudem nahe, dass die Lektüre der großen Romantiker eine Medizin sein kann, welche den seelischen Verfall bremst oder gar stoppt. Dies gilt Dávila nach für alle Menschen. Es handelt sich bei der Romantik also um eine Lebens- und Denkweise, die grundlegende, allgemeingültige Wesenszüge des Menschen anspricht und sichtbar macht, mehr noch, die negativen charakterlichen Eigenschaften hindert, sich auszubreiten und womöglich die Überhand zu gewinnen.
Ein paar nicht ganz ernst gemeinte Fragen, die hier anklingen, aber offen bleiben: Wie darf man jemanden einschätzen, der noch nie von Novalis gehört bzw. gelesen hat? Muss derjenige zwangsläufig ein bösartiger Mensch sein? Oder andersherum: Ist ein bösartiger Mensch vorstellbar, der gerne Eichendorff liest?   
Ebenso steckt ein weiterer Gesichtspunkt in obigem Aphorismus. Man kann ihn herauslesen, sobald man sich vor Augen führt, wie viele Menschen der heutigen Zeit und Gesellschaft den Kontakt zu den großen Dichtern der Romantik bereits verloren haben.

Mittwoch, 22. Januar 2020

Schutzschild


Wie zuletzt angesprochen, sieht sich die Romantik tiefgreifender Kritik ausgesetzt. Dávila begegnet dem wiefolgt:

Nur die Romantik kann kluge Kritik an der Romantik üben. (Dávila)

Das heißt zuallererst: Dávila nimmt die Bewegung der Romantik in Schutz. Er immunisiert sie gegen Kritik von außerhalb, weil diese nicht klug sein kann. Es geht aber nicht darum, eine Selbstreflexion der historischen Romantik (1795-1848) als einzig zulässige Kritik zu behaupten (was immerhin eine nahliegende Schlussfolgerung wäre). Dann hätte Dávila schreiben müssen: Nur die Romantik konnte kluge Kritik an der Romantik üben. Von einem definitiven Ende der Romantik ausgehen darf man demnach nicht. Der romantischen Geisteshaltung wird vielmehr eine Präsenz in der Gegenwart zugesprochen. Es geht um ein Fortbestehen (oder Wiederaufleben) derselben in der heutigen Zeit, wenngleich nicht als Sammelbewegung einer etwaigen Neo-Romantik, sondern wohl eher im Einzelnen.

Mittwoch, 8. Januar 2020

Nationalhymnen


Die Romantik ist in Verruf geraten, weil sie einen extremen Nationalismus befördert haben soll. Ein Fürsprecher der deutschen Romantik gerät also schnell in Verdacht, Nationalist zu sein. Dávila, 1913 geboren und daher über diesen Zusammenhang sicherlich bestens im Bilde, kann man derartiges nicht ohne weiteres vorwerfen:

"Wenn wir die letzten Akkorde einer Nationalhymne hören, wissen wir mit Sicherheit, dass gerade jemand Unsinn geredet hat." (Dávila)

Nicht verschwiegen werden soll, dass sich in seinem Werk auch Aphorismen finden, die bei flüchtiger Beschäftigung eine andere Deutung zulassen. Letztlich ist es Angelegenheit des interessierten Lesers, sich einen persönlichen Standpunkt in diesem Zusammenhang zu erarbeiten.

Für meine Zwecke genügt es, auf die thematische Problematik der deutschen Romantik und ihrer Geschichte hinzuweisen, um aufzuzeigen, dass sie den Vorwürfen zum Trotz positiv hervorgehoben wird - und nicht etwa aus geschichtlicher Ignoranz.

Samstag, 4. Januar 2020

Waldeinsamkeit


"Hervorsprudeln wie eine Quelle im Wald, nicht wie eine städtische Fontäne auf einem öffentlichen Platz." (Dávila)

Sollte man Wegweiser sein wollen zum Phänomen Dávila? Wo er seiner eigenen Bekanntheit so wenig Bedeutung beimaß? Unbedingt! Denn es ist fast ausgeschlossen, dass die breite Masse in das philosophisch-literarische Gebiet des Kolumbianers einströmt: Der unsystematische Weg, den sein Werk nimmt, wird den Vielen zu provokativ, geradezu vermint und gefährlich erscheinen.

Wenn also nur die Wenigen seinen verschlungenen Pfaden folgen, so will ich in aller Kürze meine bisherigen Erfahrungen schildern, auf dass der ein oder andere flüchtige Wegbegleiter das ein oder andere hilfreiche Gut mitnehmen mag - auf seinem eigenen Ausflug.

Denjenigen, denen der Name des größten Aphoristikers des 20. Jahrhunderts nichts sagt, kann in diesem Blog nicht geholfen werden. Man wird sie anderswo abholen und einführen.

Ich habe meine heutigen Bemerkungen mit obigem Aphorismus begonnen, weil er mit seiner angedeuteten Symbolik der Waldeinsamkeit zu einer Lichtung im Dickicht der Kunst Dávilas führt. Er führt zur deutschen Romantik.  

Elfenbeinturm

Der "elfenbeinerne Turm" steht in schlechtem Ruf bei den Bewohnern intelektueller Kaschemmen. (Dávila) Mein Unterfangen, d...